Gesplittete Abwassergebühr – der Weg zu gerechteren Gebühren

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg verlangt eine Aufteilung der Abwassergebühr in Schmutz- und Niederschlagswasser für alle Kommunen. Im Hintergrund steht die Forderung nach mehr Gebührengerechtigkeit. Die Gebühr wird sich nunmehr anders verteilen. Für die Ermittlung der befestigten Flächen hat eine Befliegung im Jahre 2010 stattgefunden.

Bisherige Abwassergebühr
Die Abwassergebühr richtete sich bisher nach dem bezogenen Frischwasser. Dabei wurde unterstellt, dass unter Berücksichtigung von gewissen Absetzungen genau so viel Abwasser in die gemeindlichen Kanäle geleitet, wie über die Wasseruhr Frischwasser bezogen wird.
Das auf den Grundstücken anfallende Niederschlagswasser (Oberflächenwasser), das ebenfalls in die öffentlichen Abwasseranlagen fließt, wurde bisher als Gebührenmaßstab nicht berücksichtigt, obwohl der Kostenanteil der Niederschlagswasserbeseitigung an den Gesamtkosten der Entwässerung je nach den örtlichen Verhältnissen zwischen 35 % und 45 % liegt.
 
Gesplittete Abwassergebühr – Urteil des Verwaltungsgerichtshofs
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat am 4. März 2010 in einem Grundsatzurteil festgelegt, dass die Städte und Gemeinden die Abwassergebühr in eine Gebühr für Schmutzwasser (wie bisher ist der Maßstab bezogenes Frischwasser nach der Wasseruhr) und eine Gebühr für Oberflächenwasser aufteilen müssen. Letzteres richtet sich nach den befestigten Flächen auf einem Grundstück, das unmittelbar (Kanalanschluss) oder mittelbar (über Straßenentwässerung oder anderer öffentliche Abwasseranlagen) an die öffentliche Kanalisation angeschlossen ist. Mit dem Urteil möchte der Verwaltungsgerichtshof mehr Gebührengerechtigkeit einführen und die Gebühr noch stärker als bisher an der Kostenverursachung festmachen.
 

Wird die Abwassergebühr teurer?
Grundstücke, die einen hohen Anteil versiegelter Flächen (z.B. Parkplätze) haben und relativ wenig Frischwasser beziehen, werden mehr zahlen müssen. Mehrfamilienhäuser dagegen mit relativ kleinem Grundstück (verdichtete Bauweise) werden etwas entlastet und zahlen weniger. Für Ein- bis Zweifamilienhäuser mit üblichem Grundstücksanteil wird es wohl keine wesentlichen Verschiebungen geben.
 
Die Gebühren
Die Abwassergebühr teilt sich in eine Schmutzwassergebühr und in eine Niederschlagswassergebühr auf.
Die Schmutzwassergebühr wird wie bisher nach dem Frischwasserbezug berechnet. Hierzu wird die Wasseruhr abgelesen.
Für die Niederschlagswassergebühr maßgeblich sind die befestigten Flächen auf einem Grundstück.
Befestigte Flächen, die an Zisternen mit Notüberlauf und mit Niederschlagswassernutzung zur Gartenbewässerung angeschlossen sind, werden um 8 m² je m³ Fassungsvolumen reduziert. Befestigte Flächen, die an Zisternen mit Notüberlauf und mit Niederschlagswassernutzung im Haushalt oder Betrieb angeschlossen sind, werden um 15 m² je m³ Fassungsvolumen reduziert.
 
Zisternen müssen fest installiert und mit dem Erdreich verbunden sein und eine Mindestgröße von 2 m³ haben. Regentonnen/-fässer werden nicht berücksichtigt.
 
Welche Flächen werden ermittelt?
Für die Niederschlagswassergebühr werden alle Dachflächen sowie die befestigten Flächen auf einem Grundstück herangezogen. Voraussetzung: sie müssen unmittelbar oder mittelbar an eine öffentliche Entwässerungsanlage angeschlossen sein.

Belag


Befestigt ist nicht gleich befestigt
Nicht alle befestigten Flächen auf einem Grundstück werden gleich bewertet. Bei Pflasterbelägen versickert ein Teil des Niederschlagswassers, noch mehr bei Rasengittersteinen, während Niederschlagswasser auf Asphaltbelägen ohne Versickerung in die Kanalisation fließt. Deshalb werden Asphaltflächen zu 90% bei der Niederschlagswassergebühr berücksichtigt. Pflaster, Platten, Verbundsteine und Rasenfugenpflaster werden nur zu 60 %, Flächen mit Rasengittersteinen, Porenpflaster, Schotterrasen sowie Flächen mit Kies und Schotter nur zu 30% zur Gebührenberechnung herangezogen.
Auch bei den Dachflächen gibt es Unterschiede. Normale Dächer werden zu 90% zur Gebührenberechnung herangezogen, begrünte Dächer nur zu 30%.
 
 
Niederschlagswassernutzung und Versickerungsanlagen
Die gesplittete Abwassergebühr soll auch Anreize für die Niederschlagswasserbewirtschaftung geben. Befestigte Flächen, die in Zisternen ohne Notüberlauf entwässert werden, werden nicht zur Niederschlagswassergebühr herangezogen. Befestigte Flächen, von denen Niederschlagswasser über eine Sickerungsmulde mit gedrosseltem Ablauf oder einem Notüberlauf den öffentlichen Abwasseranlagen zugeführt wird, bleiben im Rahmen der Gebührenbemessung unberücksichtigt.
 
 
Ermittlung der befestigten Flächen
Die befestigten Flächen auf den Grundstücken wurden durch Luftbildbefliegung erfasst und anschließend ausgewertet. Dabei wurden nur die Grundstücksteile berücksichtigt, die einen direkten Kanalanschluss haben oder über das Gefälle zur Straße hin entwässert werden. Das gleiche gilt für Grundstücke, die an eine öffentliche Regenwasserbehandlungsanlage angeschlossen sind. Zudem wurden diese Flächen differenziert nach den verschiedenen Versiegelungsarten. Für jedes Grundstück wurde ein Exposé erstellt, auf dem die befestigten Dach- und Hofflächen, aufgeteilt nach den verschiedenen Versiegelungsarten, dargestellt sind.

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